Toporama - Marine Allibert & Mélina Hue (F)
Die tragende Mutter
Toporama untersucht in dem Langzeitprojekt Telles Mères die verschiedenen Rollen von Mutterschaft und fragt, wie Mutter-Bilder die persönlichen und kollektiven Erfahrungen von Frauen in der heutigen Gesellschaft prägen.
Neben den Arbeiten von Toporama sind in der Ausstellung auch Fotografien aus der spontanen Kollaboration mit Michaela Zimmer und ihren Malerei-Objekten -PARTs- zu sehen...
Im Berliner Kapitel von Telles Mères geht das nomadische Kollektiv Toporama, das stets in-situ und partizipativ arbeitet, in verschiedenen Workshops der Rolle der Tragenden Mutter nach. Getragen wird der Fötus im Bauch, das Baby auf dem Arm, das Kleinkind, der Kinderwagen, Maxi-Cosi, Laufrad, Fahrrad, Spielzeug, Einkäufe…
Die Künstlerinnen Marine Allibert und Mélina Hue identifizieren im Dialog mit den Teilnehmerinnen Körperstellen, an denen sich das jahrelange Tragen in den Körper eingeschrieben hat, und visualisieren diese Partien mit individuellen Stoffformen. Während Toporama in ihrem ersten Kapitel von Telles Mères – Die liebenswerte Mutter – die in Rom teilnehmenden Mütter als Schutzmantelmadonnen portraitierten, so zeigen sie in Berlin, dass Mütter gleichsam auch Schmerzensfrauen sind, die ihre mannigfaltigen ‚Wunden‘ – Sehnenscheidenentzündungen, Rücken-, Nacken-, Schulterschmerzen, Beckenbodenschäden etc – im Allgemeinen aber selten öffentlich zeigen.
Dies übernehmen stellvertretend die Künstlerinnen von Toporama, die in einem Akt der aktivierenden Aneignung die multiplen physischen Erinnerungen mit ihren blauen Overalls im öffentlichen Raum zur Schau tragen – als überindividuelle Assemblage und Hommage an die Arbeit einer Mutter. Dabei tragen sie Schleier-Masken, die auf den Selbstportraits der an den Workshops teilnehmenden Frauen basieren und diese somit inkorporieren, sowie Fahnen, auf denen die vom Tragen gezeichneten Körperpartien ausgespart sind.
Ein kollektives Brainstorming zu Mental Load / Mentaler Last, welche ebenfalls größtenteils von Müttern getragen wird, will Toporama in einem großen bedruckten Banner festhalten. Ein Work in progress, an dem alle BesucherInnen der Vernissage teilnehmen und ihre Assoziationen als Notizen hinterlassen können.Ein herzlicher Dank geht an Michaela Zimmer, die spontan eine Kollaboration angestoßen hat. Ihre Malerei-Objekte PARTs gingen so eine Symbiose ein mit den Blaumännern von Toporama und wurden von Marine und Mélina sowohl im Ausstellungsraum als auch in der Wohnung von DIEresidenz Berlin aktiviert. Die unwirklichen Bilder, die so entstanden, erscheinen als Sinnbilder von Frauen, die Künstlerinnen und gleichzeitig Mütter sind und in einem heimischen Umfeld als Kreative deplatziert wirken.